Die Erfindung des systematisch und weltweit einsetzbaren Selbstmordattentäters stellt eine historische Kreation dar. Sie unterläuft die Logik des Krieges. Sie variiert diese Logik nicht bloß, sie unterwandert sie, hebelt sie aus. Die Logik des Krieges läßt sich kurz und knapp wie folgt beschreiben. Jeder Kombattant trachtet danach, so viel Feinde wie möglich zu töten und selbst am Leben zu bleiben. Dem Gegner das Leben nehmen und selber überleben. Deshalb ja auch die ganze Entwicklung des Sichunsichtbarmachens, von der einfachen Deckung bis zu den Tarnkappenbombern; oder die Entwicklung der Panzerung, vom Brustpanzer der Berittenen bis zu den modernen Panzermaschinen. Das Ziel ist immer, so viel als möglich Feinde töten zu können, ohne das eigene Leben lassen zu müssen. Im Krieg siegen kann man nur über einen Gegner, der überleben will. Genau diese Logik unterläuft der sogenannte Selbstmordattentäter. Er will zwar auch möglichst viele Feinde töten, aber er will dabei nicht selber übrigbleiben. Er vernichtet das Leben anderer, gerade indem er das eigne nicht nur aufs Spiel setzt, sondern vorsätzlich aufgibt. Der Kamikaze-Pilot war noch durch die Auffälligkeit und Anfälligkeit eines technischen Mediums von seiner treffsicheren Selbstaufgabe getrennt, der Selbstmordattentäter baut dagegen auf die schlichte leibliche Präsenz ‚zur rechten Zeit und am rechten Ort‘, um zu erreichen, daß es gerade seine Selbstaufgabe ist, was seine Feinde in den Tod reißt. Auf diese Weise untergräbt er die Logik des Krieges. Deshalb kann man gegen ihn nicht Krieg führen, Schlachten schlagen, militärisch siegen. Sein Erscheinen auf der Weltbühne kommt der Erfindung einer Wunderwaffe gleich. Und das Erfinderische, das Kreative macht sein Erscheinen im strikten Sinne zum historischen Ereignis. Wie immer man es moralisch bewerten mag.