Bloch über das Dasein

„Nur das kann da sein, das auf mehr, als es schon ist, sich versuchend bezieht.“ So steht’s bei Ernst Bloch geschrieben, in seinem Spätwerk „Experimentum mundi“ (Gesamtausgabe Bd. 15, S. 70). Ich darf den Satz etwas pointieren: Etwas ist nur da, kann ein Dasein nur haben, indem es (tendenziell) mehr ist, als es schon ist. Ohne mehr zu sein, als es schon ist, könnte es überhaupt nicht sein. Indem es gerade in dieser Weise ein Dasein hat, schießt es per se über. Dasein luxuriert, so läßt sich das zusammenfassen. Dergestalt wird Dasein als kraftvoll gefaßt.

Der Satz meint etwas anderes als die These, etwas könnte nur Dasein haben, indem es auch seine eigene Negation ist und vermittels dessen über sich hinaus treibt. Diese These paßte gut zu Hegels Denkweise. Dagegen jener Satz zur Konsequenz hat, daß etwas ganz ohne alle negative Vermittlung über sich hinaus treibt, einfach kraft überschießender Fülle. Das erinnert an eine Denkfigur, die Plotin in die abendländische Philosophie eingeführt hat und die seitdem periodisch in allen möglichen Regionen der Ideengeschichte auftauchte, etwa in Nietzsches Denken und Cantors Mengentheorie (s. 03. 11. 08). – Biographisch nimmt Blochs Philosophieren seinen Ausgang auch bei Hegels Prinzip der Negativität. In seinem Spätwerk jedoch langt er bei einer durchaus alternativen aber doch immer noch dialektischen Denkform an.

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