Wieso erregen sich die Gemüter über Kinderschänder ungleich heftiger als über Kindermörder? Wenn eine Frau ihren Säugling vom Balkon wirft, ist die Öffentlichkeit entsetzt, wenn ein Kind mißbraucht wird, ist sie voller Abscheu. Niemand entzündet die Vergeltungsphantasie des Volkes dermaßen intensiv wie der Kinderschänder, niemand zieht eine so haßerfüllte Empörung auf sich wie er. In den Gefängnissen, unter Häftlingen steht er am schlechtesten da. Wer eine Frau vergewaltigt hat, ist dort ein Krimineller unter Kriminellen, wer ein Kind mißbraucht hat, steht noch unter den Kriminellen. Selbst inhaftierte Serienmörder, Kriegsverbrecher und Berufskiller empfinden gegenüber dem Kinderschänder tiefe Abscheu und meinen, ihn auch ihrerseits noch verfolgen und bestrafen zu müssen.
Ein Mord berührt vornehmlich unsere moralischen Gefühle; und das Grundgefühl der Moralität ist eine Angst – die Angst vor der Aggression des Mitmenschen. Der Kindesmißbrauch berührt mehr noch einen anderen Gefühlskomplex, einen, der beim Ekel seinen Ausgang nimmt. Morden ist böse, Kindesmißbrauch ist widerwärtig. Der Ekel aber sitzt anthropologisch tiefer als jene Angst vor dem Mitmenschen, die uns den Begriff des Bösen hat erfinden lassen. Der Ekel mit seinen zahlreichen Abkömmlingen kommt elementarer, basaler, wuchtiger daher. Deshalb bewegen Kinderschänder heftiger noch als Kindesmörder die Gemüter.
Ein Kommentar
Ein Gefängnis ist jeder Ort, an dem Menschen gegen ihren Willen festgehalten werden (vgl. die Definition der vom Committee for the Prevention of Torture besuchten „places of detention“)[1]. Der Begriff geht daher weiter als der der Justizvollzugsanstalt, worunter nur Gefängnisse verstanden werden, welche dem Justizvollzug dienen, also Anstalten zur sicheren Unterbringung von Untersuchungs- und Strafgefangenen, aber auch von Sicherungsverwahrten. Ein Gefängnis besteht baulich in der Regel aus einem weitflächigen Areal mit äußeren Schutzeinrichtungen (Zaunanlage oder Mauer mit Wachtürmen) sowie im Inneren aus Gebäuden zur Unterbringung der Gefangenen, des Wachpersonals sowie zur Aufnahme von Sozialeinrichtungen. Die gut einsehbaren Freiflächen dienen nicht nur zum zeitweisen Aufenthalt der Häftlinge im Freien, sondern auch zur besseren Überwachung der Zaunzugänge.